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Was Sie zum Thema antimikrobielle Lacke wissen sollten

Warum weniger manchmal mehr ist.

Regelmäßig in Zeiten eines erhöhten Infektionsgeschehens, wie jetzt in der Corona-Krise, mehren sich die Anfragen nach antimikrobiellen Lacksystemen.

Umtriebige Unternehmer versuchen die Krise für sich zu nutzen. Das ist auch gut so und zeichnet gute Unternehmer aus. Es kann auch für die Gesellschaft sinnvoll sein.

An dieser Stelle prallen allerdings sehr unterschiedliche Interessenslagen aufeinander. Neben den unternehmerischen Interessen gibt es auch Interessen, die der Allgemeinheit dienen. Hesse versteht sich als Unternehmen, welches verantwortungsvoll, nachhaltig und kompetent am Markt agiert. Dazu gehört die Gesundheit der Menschen nach besten Kräften zu schützen und vermeidbare Eintragungen von Chemikalien in die Umwelt zu unterlassen. Die Anbieter antimikrobiell ausgestatteter Produkte werden natürlich genau den Schutz des Menschen als Argument anführen. Das ist in unseren Augen leichtfertig bis möglicherweise sogar schädlich.

In den Diskussionen mit Nachfragern merken wir, dass häufig schon bei den Grundlagen großer Aufklärungsbedarf herrscht.

Deshalb möchten wir an dieser Stelle eine kurze Begriffsbestimmung vornehmen. Dabei geht es bei antimikrobiellen Produkten um die Unterscheidung zwischen antibakteriell und antiviral wirkenden Lösungen. Die meisten Anfragen beziehen sich zurzeit auf antibakterielle Produkte. Diese so ausgestatteten Produkte wirken in der Tat nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren. Warum ist dieser Unterschied von Bedeutung? Weil die Wirkmechanismen unterschiedlich sind. Bakterien haben einen eigenen Stoffwechsel und können sich außerhalb eines Wirtskörpers vermehren. Das heißt bei geeignetem Nährmedium auf einer Oberfläche (z. B. Körperflüssigkeiten) wächst die Besiedelung mit Bakterien. Viren besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und können sich deshalb auch nicht auf Oberflächen vermehren. Sie sind darauf angewiesen einen Wirtsorganismus zu haben, in dem sie sich vermehren können.

Antibakterielle Produkte gegen den Coronavirus einzusetzen ist deshalb sinnlos.

In dem gebräuchlichen Einsatzgebiet unserer Produkte wie Innentüren, Fußböden, Möbel und anderer Einrichtungsgegenstände ist der Einsatz antibakterieller Produkte aus mehreren Gründen nicht notwendig und bietet dem Verbraucher allenfalls eine scheinbare Sicherheit. In vielen Tests, die sich mit dem Thema der Ausrüstung unserer Produkte mit antibakteriellen Eigenschaften beschäftigt haben, haben wir gesehen, dass unsere Produkte mit und ohne Ausrüstung das gleiche Verhalten auf das Bakterienwachstum zeigen. Die Lackoberflächen weisen generell antibakterielle Eigenschaften auf. Das ist durch eine unabhängige externe Prüfstelle bestätigt. Das liegt in der Regel daran, dass wir es im Vergleich z. B. zu Textilien mit glatten und stark vernetzten Oberflächen zu tun haben. Bildlich gesprochen trocknen die Bakterien auf dieser Art von Oberfläche vorher aus, bevor sie sich massiv vermehren können. Natürlich kann es sehr massive Verschmutzungen auf Oberflächen geben, die potenziell eine Gefahr darstellen könnten. An der Stelle würde aber auch die antibakterielle ausgerüstete Beschichtung versagen.

Und hier liegt eine der Gefahren bei der Deklaration solcher Oberflächen als antibakteriell.

Pflege und Hygienevorschriften müssen bei diesen genauso sorgfältig beachtet werden. Die vermeintliche Sicherheit kann hier in ungünstigen Fällen zur Nachlässigkeit führen. „Wieso desinfizieren oder putzen? Die ist doch antibakteriell ausgestattet“ könnte man denken. Häufig wird in solchen Produkten mit nanoskaligem Silber gearbeitet. Was passiert damit nach der Gebrauchszeit des Gegenstandes? Es landet letztlich in der Umwelt und kann dort auch die Wirkung entfalten, die es auf der Oberfläche entfalten sollte. Das heißt, es tötet Bakterien. Leider kann es nicht zwischen „guten“ und „bösen“ Bakterien unterscheiden. Bakterien sind aber von größter Bedeutung für alles Leben und erfüllen überlebenswichtige Aufgaben.

Ca. 2 kg unseres Körpergewichts bestehen aus Bakterien. Edelstahloberflächen besitzen auch antibakterielle Eigenschaften, ohne dass die Wirkung auf den Austritt von chemischen Bestandteilen, wie bei Silber- oder Kupferoberflächen zurückzuführen ist. Die antibakteriellen Eigenschaften werden der glatten Oberflächenstruktur zugewiesen. Schaut man sich eine Edelstahloberfläche (1. Bild links) und eine Lackoberfläche (2. Bild rechts) im Elektronenmikroskop im Vergleich an, sieht man in beiden Fällen sehr glatte Oberflächen. Die Bilder finden Sie in der Bildergalerie am Ende dieses Beitrags. (Das Bild am Anfang des Beitrags zeigt Escherichia Coli Bakterien.)

Die Produkte, die in der jetzigen Corona-Krise gefragt sein könnten, wären also antivirale Produkte.

Hier fällt schon der Nachweis der Wirksamkeit viel schwerer als bei Bakterien. Die Experten sind sich im Moment nicht mal einig, wie lange ein Coronavirus auf einer Oberfläche potenziell gefährlich bleibt. Bruchstücke der Viruserbsubstanz kann man relativ lange finden, aber ob deshalb davon ein Risiko ausgeht, ist schwer zu beantworten. Außerhalb ihres Wirtes ist ihre Lebensdauer in der Regel sehr beschränkt. Es gibt darüber hinaus sehr viele Arten von Viren, und ob eine Chemikalie exakt gegen das vorliegende Virus wirkt, ist unbekannt. Nicht einmal die Hersteller dieser antiviralen Zusatzstoffe geben dafür eine Garantie. Es gibt bisher nur sehr wenige Nachweise für einige spezielle Viren. Bei Aussagen zum Coronavirus ist man auf dem Stand, dass man sagt: „Es wirkt gegen Virus X, dann könnte es auch gegen Y wirken“. Dass die Viren auch bei Ähnlichkeit nicht gleich zu betrachten sind, sieht man an dem fehlenden Impfstoff gegen das aktuelle Coronavirus. Eine Grippe Impfung gibt es, eine Corona Impfung dagegen noch nicht. Wir hoffen natürlich, dass der angekündigte Impfstoff in 2021 seinen Siegeszug antreten kann.

Was man aber weiß ist, dass eine regelmäßige Reinigung, die Viren bekämpfen kann.

Dazu gehört vor allem das regelmäßige Händewaschen und auch das Säubern von Flächen. Hier sind natürlich auch die üblichen Desinfektionsmittel einsetzbar.

Deshalb möchten wir dazu beitragen, Menschen nicht in falscher Sicherheit zu wiegen und die Umwelt weiter mit fragwürdigen Stoffen zu belasten. Das verstehen wir unter verantwortungsvollem und nachhaltigem Handeln.